Diplom

Connecting Breakpoint

Erarbeitung eines Quartiers 4.0 für den Standort Offenbach.

Diplomarbeit Ι TU Dresden Ι Fakultät Architektur Ι Lehrstuhl für Wissensarchitektur Ι Prof. Dr.-Ing. Jörg Rainer Noennig

Geländeschnitt 1-200


Diplompläne


Ein kurzer Überblick: Offenbach

Die Stadt Offenbach zeichnete sich einst durch die florierende Lederwarenindustrie und der aus dem 17. beziehungsweise 18. Jahrhundert stammenden Bauten der Hugenotten aus. Das Stadtbild prägten dabei die typischen Bauten mit Mansarddächern. Nach der Zerstörung im 2. Weltkrieg wurde die Innenstadt beim Wiederaufbau in ihrem Charakter stark verändert. Um den Charme der Stadt vor dem Krieg erleben zu können, sollte der Besucher durch das angrenzende Gründerzeitquartier flanieren, welches von den Bomben verschont wurde. Heute gehört die Stadt mit ihren circa 124 000 Einwohnern zu den fünf größten Städten des Bundeslandes Hessen. Die direkte Nachbarschaft zur Weltstadt Frankfurt am Main ist dabei ein Vorteil. Die Menschen arbeiten in Frankfurt am Main und leben in Offenbach. Die Hochschule für Gestaltung mit dem Schwerpunkt Design in Offenbach ist eine wichtiger Wirtschaftsmagnet und lockt viele junge Menschen in die Stadt. Nach der Ausbildung wandern viele der Studenten jedoch in Großstädte und Metropolen ab, weil zum Beispiel auch an innovativen und kreativen Raum fehlt. Mit einem neuen Quartier möchte die Stadt Offenbach neue Wege bestreiten, um Arbeiten und Wohnen attraktiver zu gestalten. Dem zukünftigen Bild der Industrie 4.0 soll Raum zur Entfal- tung geboten werden. Die Integration der vorhandenen Strukturen, wie den Offenbacher Grüngürtel, spielt dabei eine wichtige Rolle. Hierbei werden nicht nur städtische Ebenen verbunden, sondern auch die sozialen Ebenen der Stadt. Der Übergang zwischen Stadt und Industrie soll fließend und ohne Grenzen vonstattengehend.

Konzept: Connecting Breakpoint

Ausgangspunkt der Arbeit sind Module, welche zum Beispiel als Büro, Wohnraum oder Werkstätten dienen können. Das Konzept des Connecting Breakpoint ist nun in zwei Systeme gegliedert, dem statischen und dem dynamischen. Im statischen System sind die Module an einem Ort gebunden. Im dynamischen System hingegen sind Module beweglich und können mittels Schienen zwischen Quartieren bewegt werden. Dieser Ansatz ermöglicht es, die vier Hauptfaktoren des Entwurfes zu verbinden: die Stadt Offenbach, die Industrie, das Handwerk/ Kunst und das Projekt des Quartiers 4.0. Connecting Breakpoint hat das Ziel, standortübergreifende und bezahlbare Räumlichkeiten zur freien öf- fentlichen Verfügbarkeit zu bieten. Es soll keine Beschränkungen geben und sich eine gewisse Alltagstauglichkeit entwickeln und einstellen. Um dies zu ermöglichen, ist eine feste Organisation der Abläufe notwendig. Wie geht man mit eingehenden Informationen der verschiedenen Institutionen und Faktoren um? Wie schafft man einen allgemeinen Zugang zu diesen Informationen? Wie bringt man Men- schen der verschiedenen Branchen zusammen? Zunächst benötigen wir Knotenpunkte. Diese befinden sich innerhalb der vier Hauptfaktoren und dienen dem Sammeln von Informationen und als soziale Treffpunkte. Das kann im Alltag zum Beispiel ein mobiler Kaffeewaagen oder eine öffentliche Einrichtung sein. Nachdem die notwendigen Informationen gesammelt sind, gelangen diese in ein Netzwerk und durchlaufen verschiedene Stationen und Etappen der Analyse. Es gibt Filter zur Sortierung der brauchbaren und nicht brauchbaren Daten. Danach werden die synthetisierten Daten miteinander vernetzt. Die Nutzer können auf die bereitgestellten Informationen zugreifen und beispielsweise nach möglichen Projekten suchen. In einem nächsten Schritt kann es zu möglichen Verbindungen und Kooperationen kommen. Hierbei haben die Nutzer die Möglichkeit sich an Mitteln des statischen oder dynamischen Systems zu bedienen.

Umsetzung des theoretischen Konzepts

Das städtebauliche Konzept des Quartiers beruht auf der Theorie des statischen und dynamischen Systeme. Es gibt einen festen Bestand an Gebäudetypologien, welche sich auf drei imaginären Bändern befindet. Die Bänder symbolisieren im Einzelnen das Band ARBEIT, das Band WOHNEN und das Band des BREAKPOINT. Im Band Arbeit gibt es nach Norden hin einen dichten Grünzug, welcher die nördliche Grenze des Entwurfsgrundstückes aufzeigt und gleichzeitig als Puffer zwischen den bestehenden Spontanbauten dient. Innerhalb des Bands beruht das Konzept auf einem strengen Raster, welches zum Teil bis in das Band Wohnen übergeht. Inmitten des Rasters entsteht ein Quartier im Quartier, welches durch den Medienpool seine Mitte findet. Im Süden schließt der Breakpoint bündig an das Band Arbeit an und hebt sich durch einfache Gebäudetypologien, sowie dem Container Forum ab. Die vorhandene Güterhalle bildet hierbei das optische Zentrum. Im Süden grenzt das Band an die stark frequentierte ICE-Trasse.
Im Bereich Wohnen hingegen befinden sich verschiedene Wohntypologien und dichte Grünanlagen, welche die nordöstliche Grenze zum Industriegebiet aufzeigen. Die drei Bänder streben auf einen Kletterturm zu, welcher einen Hochpunkt des Quartiers markiert und als Symbol moderner Freizeitaktivitäten steht. Das Entwurfsgebiet ist mittels der klaren Strukturen der Verkehrsanbindungen, der Gebäudekanten und der entstandenen Plätze und Öffnungen deutlich gegliedert. Die dynamische Ebene hingegen richtet sich nach keinem festen Raster, sondern nur nach den entstehenden Plätzen und Grünflächen. Den Ursprung dieser Ebene bildet die Güterhalle, welche hier als Haltepunkt der mobilen Module beziehungsweise Container dient. Die Container können individuell auf dem Entwurfsgebiet als Station gesetzt werden. Hierbei ist eine Kopplung mit anderen Modulen in die Höhe oder Breite möglich. Mittels der Container ist man nicht an einen Ort gebunden. Mit Hilfe der Schienenanbindungen ist ein mobiler nachhaltiger Transport an andere Standorte möglich. Die dynamische Ebene verankert sich durch seine mobilen Module in die festen Gebäuderaster der statischen Ebene und ermöglicht somit die gewünschten Verbindungen des Konzepts Connecting Breakpoint. Die Umsetzung dieser Idee ist darüber hinaus in vielen Städten und ihren stillgelegten Bahngeländen gegeben, welche meist a priori nicht für die Wohnnutzung geeignet sind.

Charakteristik des Entwurfsgebiets

Das Areal des alten Güterbahnhofes umfasst eine Fläche von 9 ha und wird im Süden von einer ICE-Trasse und im Norden von vorhandenen Spontanbebauungen begrenzt. Nach Osten hin grenzt eine breites, industriell geprägtes Gebiet an, welches die Grenze der Stadt Offenbach bildet. In westliche Richtung befindet sich fußläufig die Innenstadt von Offenbach, welche durch die Cityverbindung an das gesamte Rhein-Main-Gebiet angebunden ist. Am Entwurfsgebiet befindet sich der Bahnhof Offenbach Ost, welcher einen hochfrequentierten Knotenpunkt für das Areal darstellt. Die Nähe zur Großstadt Frankfurt am Main hat viele Vorteile in verschiedenen Bereichen, aber auch einen entscheidenden Nachteil. Durch den stark genutzten Frankfurter Flughafen liegt die gesamte Stadt Offenbach in einer Lärmschutzzone und unterliegt somit in speziellen Bereichen Bau- und Siedlungseinschränkungen. In unserem Fall beschränkt das jedoch lediglich die maximale Bebauungshöhe. Die Stadt Offenbach strebt eine Transformation vom Industriestandort zum Dienstleistungs- und Hightech-Standort an, was einen wesentlichen Beitrag zur Neuausrichtung der städtischen Entwicklung leisten soll.
Das Konzept des Connecting Breakpoint stärkt den Standort als städtisches Leitbild und schafft durch die Schienenanbindung eine nachhaltige Mobilität, welche über die Stadtgrenzen hinweg als zukünftiges Leitbild dienen kann.

Energiekonzept und Nachhaltigkeit

Das Quartier Connecting Breakpoint ist innerhalb der Funktionsbänder autofrei geplant. Das Parken geschieht unterirdisch, damit die Erdoberfläche ökologisch genutzt werden kann. Es werden nachhaltige Fortbewegungsmittel genutzt: Mit dem Fahrrad oder zu Fuß ist das Gelände sehr angenehm zu erkunden. Die Dachfläche der Güterhalle von circa 7 000m2 kann zusätzlich genutzt werden. Die Mitte des Dachs wird durch ein Oberlicht für eine natürliche Belichtung der Halle dominiert. Auf den ungenutzten Dachflächen werden hybride Solarkollektoren installiert, welche dann zur Energiegewinnung und zur Warmwasseraufbereitung dienen. Die gewonnene Energie wird für die internen Gebäudemodule, die Beleuchtungsanlage und die FTS-Roboter genutzt. Die überschüssige Energie wird anschließend in die Ladestationen der FTS-Roboter gespeichert und kann bei den nächtlichen Ladezyklen abgerufen werden. Weiterhin gibt es auf dem gesamten Entwurfsareal Urban-Farming Projekte, die ein besseres ökologisches Gleichgewicht innerhalb des städtischen Quartiers gewährleisten sollen. Unter- stützt wird das Konzept durch die dynamische Ebene des Connecting Breakpoint, wodurch die Produkte und Waren nachhaltig von Ort zu Ort transportiert werden können.